Die Entstehung der WE ARE PART OF CULTURE
Entwicklung, Geschichte und Weiterentwicklung
Projekt 100% MENSCH
2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 – 2023
Die Geschichte der Ausstellung WE ARE PART OF CULTURE (WAPOC) begann im Sommer 2015 mit der Idee einer kleinen T-Shirt-Aktion zur Bedeutung von Schwulen und Lesben in der Weltgeschichte. Auslöser waren die neuen sogenannten “Homo-Propaganda”-Gesetze in Russland, die das positive Sprechen über Homosexualität unter Strafe stellten. Schnell waren vier bekannte Gesichter ausgewählt, und so fanden die Scherenschnittportraits von Selma Lagerlöf, Friedrich II. von Preußen, Pjotr I. Tschaikowski und Oscar Wilde ihren Weg auf bunte Shirts. Die Aktion verlief eher ruhig und ohne größere Aufmerksamkeit, aber die Idee, die Geschichte von LSBTTIQ* sichtbar zu machen, war fortan fest im Blick des Projekts 100% MENSCH. Viele Aktionsformen standen im Raum: T-Shirts, Photoaktionen im Internet, Plakatierungen. Viele Möglichkeiten, aber der richtige Dreh, die zündende Idee war noch nicht dabei.
Teil 1 | Motzstraßenfest 2016 in Berlin. Der New Yorker Künstler Robert W. Richards stellte in Berlin seine Bilder aus. Das Projekt 100% MENSCH war zur Vernissage eingeladen. Ein Blick auf die scherenschnittartigen Bilder Richards in schwarz, rot und weiss reichte aus, um das Puzzle aus Ideen und Möglichkeiten schlagartig in ein Konzept zu verwandeln: “Genau das wollen wir machen: Eine Ausstellung mit großen Portraits unserer Held*innen. Von der Antike bis heute. Viele verschiedene Künstler*innen. Techniken und Stile so unterschiedlich wie die dargestellten Persönlichkeiten. Alles verbunden durch ein Farbkonzept, welches das ‚Chaos‘ bändigen könnte. Und Bahnhöfe! Lasst uns da hin gehen, wo alle sind! Wir gehen an Bahnhöfe!”
Es ist immer wieder verblüffend, wie einfache Ideen eine unerwartete Dynamik entfalten können. Noch auf der Vernissage kam es zum Gespräch mit Robert W. Richards. Ein Konzept, gerade erst in gröbsten Zügen umrissen und ohne auch nur die Spur einer Ahnung davon, wie so etwas zu stemmen und vor allem zu finanzieren sei, war tatsächlich in der Lage, einen der bekanntesten Illustratoren der USA zu begeistern. Robert W. Richards sagte „Ja“. Wenn die Ausstellung stattfände, dann wolle er dabei sein und das Projekt 100% MENSCH mit einigen Bildern unterstützen.
Wo beginnt man eine Ausstellung über die Geschichte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans* und inter* Persönlichkeiten? Beim Ausstellungsort. Denn dieser war entscheidend. Hätte die Deutsche Bahn kein Interesse an einer solchen Ausstellung gehabt, so wäre das Projekt schon gescheitert, bevor es überhaupt begonnen hatte. Am 7.8.2016 landete eine kurze Mail auf dem Schreibtisch des zuständigen Managers für die Veranstaltungen der Deutschen Bahn, Martin Libutzki. Am 9.8 erhielten wir die Antwort: “Das Projekt klingt sehr interessant. Wir sollten auf jeden Fall näher darüber sprechen.” In Windeseile – wir hatten knapp eine Woche bis zu einem Gesprächstermin mit der Deutschen Bahn in Berlin – entwarfen wir ein schriftliches Konzept und sprachen gleichzeitig die ersten Künstler*innen an. Nur – welche Persönlichkeiten sollten diese überhaupt portraitieren?
Die Recherche über Bücher und Internet ergab im Laufe der Zeit eine Liste von über 300 LSBTIQ*-Persönlichkeiten, welche in die engere Wahl kamen. Über 300 spannende, kuriose, unglaubliche Lebensgeschichten. Nach dem ersten Telefonat mit der Deutschen Bahn war klar: Es können höchstens 30 Kunstwerke ausgestellt werden. Uns wurde sehr schnell bewusst: Die Auswahl würde nicht einfach werden. Zunächst wurde eine Liste mit Kriterien erstellt. Eine gleichmäßige Verteilung an Frauen und Männern war selbstverständlich. Aufgrund der enorm dünnen Quellenlage zu trans* und inter* Menschen entscheiden wir uns, diesen Vorrang einzuräumen. Weiterhin wollten wir möglichst alle Zeitalter abdecken und auch die Wirkungsfelder der Persönlichkeiten sollten möglichst vielfältig sein. Und so wurde in mehreren Runden der Kreis der Kandidat*innen immer kleiner. Mit jeder Runde wurde es schwieriger und auch viele persönliche Lieblinge, wie Vladimir Horowitz, Benjamin Britton oder Sophia Parnok fielen aus dem Rennen um die Plätze in der Ausstellung. Schließlich waren 34 Persönlichkeiten ausgewählt. Einige, wie zum Beispiel Marlene Dietrich und Greta Garbo oder Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann, konnten zu Doppelportraits zusammengefasst werden; im Fall der Familie Mann wurde es sogar ein Gruppenbild.
Gerda Laufenberg aus Köln und Robert W. Richards aus New York waren die ersten Kunstschaffenden, die sich bereit erklärten, Portraits zu entwerfen. Gerda Laufenberg entschied sich für Tschaikowski und Simone de Beauvoir. Als Robert Richards die Liste der möglichen Persönlichkeiten sah, traf er seine Wahl sehr schnell: “Ich nehme Marlene, Greta und Freddie. Ich kannte sie persönlich.”(!) Als dritte Malerin konnte Jeanne Lessenich gewonnen werden. Die queere Künstlerin übernahm Chevalier d’Éon de Beaumont und König*in Christina von Schweden. Kurze Zeit danach waren das erste Bild (Simone de Beauvoir) und das Ausstellungskurzkonzept fertig.
Teil 2 Einen Besuch in Berlin und einige Gespräche später war klar: Die Deutsche Bahn AG möchte die Ausstellung zeigen und steht als Kooperationspartnerin zur Verfügung. Es konnte losgehen.
Der nächste Wendepunkt in der Entstehung der Ausstellung WE ARE PART OF CULTURE war die Teilnahme am Wettbewerb startsocial. Einem Wettbewerb, bei dem Vereinen und Organisationen Unterstützung in Form von Expertise von Firmen und Konzernen zur Verfügung gestellt wird. Das Projekt 100% MENSCH hatte sich im Frühjahr 2016 beworben und nun im Herbst 2016 (mitten in die heisse Phase der Vorbereitungen) platzte die Nachricht, dass uns für vier Monate professionelle Coaches aus der Wirtschaft an die Seite gestellt würden. Sonja Mechling (Bosch) und Marc Scharnbacher (Allianz) stellten uns während dieser Zeit “böse” Fragen, brachten uns zum Nachdenken, gaben Tipps und halfen bei der Weiterentwicklung des Konzepts und insbesondere bei der Strategie zur Ansprache möglicher Sponsor*innen. An dieser Stelle vielen, vielen Dank an das Team von startsocial für die Möglichkeit und unseren beiden Coaches für ihre unschätzbare Hilfe bei der Weiterentwicklung und Professionalisierung unserer Ausstellung.
Die Frage nach der Finanzierung blieb das Kernproblem und da es sehr schwer war, Sponsor*innen zu finden, die gewillt waren, hohe Summen in unsere Vision einzubringen, kam der Tipp, wir sollten uns doch mal ans Familienministerium wenden, sehr gelegen. Dieses verwies uns wiederum an das Bundesförderprogramm „Demokratie leben!“.
Der Zufall wollte, dass unser Telefonat mit der Regiestelle genau zum richtigen Zeitpunkt erfolgte. Wir könnten noch in den Antragsprozess aufgenommen werden. Was für ein Glück!
Es folgten seitenweise Anträge beim Bundesförderprogramm „Demokratie leben!“ sowie zusätzlich bei der Bundeszentrale für politische Bildung. Hinzu kam die Suche nach Firmen und Einzelpersonen, die uns beim Aufbringen des notwendigen Eigenkapitals für die Förderung unterstützen könnten. An dieser Stelle möchten wir uns nochmals herzlichst bei allen Firmen und Einzelpersonen bedanken, die unserem Konzept und unserer Vision der Ausstellung Vertrauen geschenkt haben. Insbesondere ist hier die BAYER AG zu nennen, die als erste eine Zusage über finanzielle Unterstützung abgab. Nach dieser ersten Hürde war es wesentlich einfacher, auch andere Firmen von einem Sponsoring zu überzeugen. Dank des Vertrauens der verschiedenen Firmen konnten wir die benötigten Eigenmittel, die die Voraussetzung für die staatliche Förderung waren, aufbringen. Vielen Dank auch an die Regiestelle “Demokratie leben!” und an die Bundeszentrale für politische Bildung, die uns genauso das Vertrauen ausgesprochen und so die Umsetzung unseres Konzepts einer positiven, niederschwelligen und weithin sichtbaren Ausstellung ermöglicht haben.
Nach unzähligen Gesprächen, Überarbeitungen, Emails, Telefonaten, Terminverschiebungen wegen der Bundestagswahl und nochmaligen Antragsüberarbeitungen war Ende 2016 die Finanzierung durch das Bundesförderprogramm und die Sponsor*innen gesichert. Wir konnten ab Mai 2017 richtig loslegen!
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Das Frühjahr 2017 began mit einem Kracher: Die WE ARE PART OF CULTURE wurde in die Bundesauswahl des Wettbewerbs startsocial gewählt und das Projekt 100% MENSCH freute sich mit den anderen Organisationen über die Einladung ins Bundeskanzleramt. Ein Selfie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel war dabei übrigens inklusive!
Mittlerweile war die Künstler*innen-Familie auf 18 Mitglieder aus Deutschland, Europa bis in die USA angewachsen, und nach und nach wurden die Kunstwerke für die Ausstellung fertig. 18 begnadete Künstler*innen hatten uns ihre Portraits, ihren Blick auf unsere WAPOC-Persönlichkeiten, kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Qualität der Bilder, die unterschiedlichen Stile, der Ausdruck, die Unterstützung und das sich langsam vervollständigende Gesamtkunstwerk machte uns alle sprachlos. Vielen Dank an alle beteiligten Künstler*innen für Eure Kunst, Eure Vision, Eure Unterstützung – ohne Euch gäbe es die WE ARE PART OF CULTURE nicht.
Als nächster Schritt begann nun die Organisation der Tour durch die großen Bahnhöfe samt Vernissagen in den jeweiligen Städten. Da wir die Ausstellungen aufgrund der Bundestagswahl 2017 um zwei Monate verschieben mussten, konnten in dem Jahr nur noch zwei Ausstellungen realisiert werden: im Berliner und Frankfurter Hauptbahnhof.
Bevor wir mit den Vernissagen loslegen würden, kamen zunächst einmal noch die Informationsveranstaltungen für Lehrkäfte und Jugendgruppen.
Die Ausstellung WE ARE PART OF CULTURE wurde speziell für Schulklassen ab der 8. Klassestufe entwickelt. In jeder Stadt wurde daher eine Informationsveranstaltung durchgeführt, um so insbesondere Jugendliche für die Ausstellung zu interessieren und Lehrkräften die Möglichkeit zu geben, die Ausstellung und ihre Inhalte in den Unterricht zu integrieren. Hier arbeiteten wir mit verschiedenen Organisationen wie den Bildungsinitiativen SchLAU oder Queerformat zusammen. Vielen Dank für Eure Unterstützung!
Ebenso sah die Konzeption in jeder Stadt eine Podiumsdiskussion zu einem Thema von Vielfalt und Gesellschaft vor, die die Ausstellung als Rahmenprogramm ergänzen sollte. Diese Veranstaltungen waren für uns besonders spannend. Im Verlauf der zweijährigen Tour sprachen wir mit Expert*innen über Themen wie „Queerfeminismus“, „Gender, Geschlecht und Gesellschaft“, „HIV/AIDS/PrEP“ und „Intergeschlechtlichkeit“ sowie über die Zukunft der Community und die Auswirkungen von rechtspopulistischen bis rechtsextremen Strömungen auf LSBTIQ*. Zum Glück fanden wir in allen Städten wunderbare Menschen in den Gleichstellungsstellen und Vereinen, die uns bei der Organisation und Durchführung geholfen haben. Insbesondere gilt unser Dank den Expert*innen, die unsere Diskussionsrunden dank ihrer Expertise ermöglicht und bereichert haben.
Während die Vorbereitungen für die erste große Vernissage im Berliner Hauptbahnhof liefen, konnten wir den ersten Teil der Tour 2018 fixieren: Die Hauptbahnhöfe von Köln, Düsseldorf, Duisburg, Buchum, Essen und Dortmund sollten zum Ausstellungsort für die WE ARE PART OF CULTURE werden.
September 2017 – die Spannung vor der ersten Vernissage in Berlin wuchs und die Einladungskarten an nahezu sämtliche LSBTIQ* Organisationen, an zahlreiche Mitglieder des Bundestages, Firmen und Einzelpersonen waren verschickt. Die Resonanz übertraf alles, was wir erwartet hatten.
Die erste Vernissage
Die Vernissage im Berliner Hauptbahnhof. Was für ein Abend. Knapp 200 geladene Gästen waren der Einladung gefolgt. Bundesministerin Katharina Barley, der Vorstand der Deutschen Bahn Service&Station AG Dr. André Zeug, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung Thomas Krüger, der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung der Stadt Berlin Dr. Dirk Behrendt, der geschäftsführende Vorstands der Magnus Hirschfeld Stiftung Jörg Litwinschuh sowie der Archivarr des Schwulen Museums* Dr. Wolfgang Cortjaens sprachen Grußworte. Dazu Musik von Ela Querfeld, Keye Katcher, Annie Heger und Holger Edmaier, welche die Kampagnensongs des Projekts 100% MENSCH sangen. Und für den Anschluss an die Vernissage hatte die Deutsche Bahn ihr Kasino mit Fingerfood und Getränken zur Verfügung gestellt. Es wurde eine lange Nacht mit einem Livekonzert von Ela Querfeld und vielen wunderbaren Gesprächen. Als wir dann irgendwann spät aus dem Kasino kamen und noch einmal in den Hauptbahnhof traten, strahlten uns die Leuchtkästen der WE ARE PART OF CULTURE entgegen. Es war vollbracht. Die Ausstellung stand. Die Reise konnte beginnen.
Das Jahr 2017 endete mit der Ausstellung im Frankfurter Hauptbahnhof. Statt der sonst üblichen 12 Tage, die unsere Ausstellung jeweils in den Bahnhöfen zu sehen sein sollte, standen hier ganze 21 Tage auf dem Programm. Erschöpft aber glücklich ging es in die Winterpause – die Zeit, in der es in den Bahnhöfen schlicht zu kalt war, um Ausstellungen zu zeigen.
Das Jahr 2018 begann mit der Festlegung sämtlicher Ausstellungstermine für das ganze Jahr. Nach Köln, Düsseldorf, Duisburg, Buchum, Essen und Dortmund wurden nun auch die Termine für Münster, Dresden, München, Nürnberg, Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart, Mannheim, Mainz und zum zweiten Mal Berlin (dieses mal im Ostbahnhof) fixiert. 16 Ausstellungen. 16 Informationsveranstaltungen. 16 Diskursveranstaltungen. Zusätzlich auf dem Plan standen diverse Diversity-Konferenzen und Netzwerktreffen, auf denen wir die Ausstellung mit einer kleinen Acrylversion vorstellen. Dazu kam dann noch eine Werbetour über die deutschen Christopher Street Days, um die Ausstellung in den Städten und bei den Organisationen bekannt zu machen. Eine Mammutaufgabe stand vor uns.
Das Jahr rauschte ans uns vorbei. Von Vernissage zu Vernissage, von Veranstaltung zu Veranstaltung, von Stadt zu Stadt. Was blieb waren Schlaglichter, wie die wunderbaren Vernissagen in Köln, München und unserer Heimatstadt Stuttgart. Unvergessen auch die Vernissage im Berliner Ostbahnhof mit Bundesministerin Dr. Franzika Giffey und dem Staatsminister für Europa Michael Roth. Beide kamen gerade aus Chemnitz zurück und berichteten schockiert von den dortigen Ausschreitungen. In Anbetracht dieses Menschenhasses wurde die Bedeutung unserer Ausstellung nochmals deutlich.
Die glücklichen Momente überwogen zum Glück deutlich: Die emotionalen Rückmeldungen von Besucher*innen, wie die der Mutter einer frisch als lesbisch geouteten Tochter, welche laut ihrer Email seit dem Besuch der Ausstellung „keine Angst“ mehr hatte oder die des älteren Herren, der die Ausstellung nutzte, um sich mit 70 Jahren gegenüber seiner Familie zu outen. Da gab es die Dame, die dick in ihren Wintermantel gehüllt fast zwei Stunden in der Frankfurter Ausstellung verbrachte (wir waren gerade zum Zählen der Besucher*innen da) und die russischen Übersetzungen las. Als sie das Portrait von Tschaikowski entdeckte, las sie die Zitate aus seinen Briefen immer und immer wieder und streichelte dann sein Portrait. Wir waren zutiefst gerührt.
Da war auch diese gutgelaunte Pfadfindergruppe, die sich vor dem Portrait Baden-Powells aufbaute und sich mit ihm photographierte. Auf die Frage, ob sie denn wüssten, dass Baden-Powell schwul gewesen wäre, kam die Antwort: „Ja, klar, aber das ist doch kein Problem – lesen Sie mal unsere Präambel!“ Das Kunstwerk für das Vereinsheim mitzunehmen, mussten wir ihnen dann aber doch leider verwehren…
Negative Schlaglichter gab es natürlich auch. Da waren die Schmierereien auf unseren Ausstellungsstücken, die Aufschlitzungen und Zerstörungen der Kunstwerke, die Entwendung der Bilder von Sir Francis Bacon und Ethel Smyth. Auch gab es Störungen bei einigen Podiumsdiskussionen durch Vielfaltsgegner*innen und religiöse Fundamentalist*innen.
Kritik gab es natürlich auch. Es wäre ja auch merkwürdig gewesen, wenn alle die Ausstellung einfach nur gut gefunden hätte. Neben der erwartbaren Kritik von homo-, bi-, trans und interfeindlicher Seite gab es jedoch auch vereinzelte negative Rückmeldungen aus der Community. Eine Gruppe aus Münster veröffentlichte einen offenen Brief zur Ausstellung und kritisierte Farbauswahl, angebliches „pinkwashing“ und die Verwendung des Pronomens „WE“, also „wir“ im Titel der Ausstellung, was als Vereinnahmung empfunden wurde. Ohne Absender*in oder Ansprechperson konnten wir leider nichts anderes tun, als weiterzumachen.
Etwas, das uns besonders erfreute, war die Rückmeldung von vielen Städten und Organisationen, dass sie die Ausstellung auch gerne außerhalb der Bahnhöfe zeigen würden. Dies war der Auslöser zusätzlich zur Bahnhofsausstellung eine mobile Version zu erstellen. Seit 2019 ist diese nun in Form von Bannersäulen in öffentlichen Räumen unterwegs.
Das Jahr endete erschöpft und glücklich, aber mit der Gewissheit alle 48 geplanten sowie die diversen zusätzlichen Veranstaltungen bewältigt zu haben.
Für das Jahr 2019 standen noch zwei letzte Veranstaltungen auf dem Plan: Braunschweig und Erfurt. Aber ruhig war es deshalb noch lange nicht. Neben den Bahnhöfen konnten wir die Ausstellung nun dank der neuen Ausstellungsmodule auch in Rathäusern, Volkshochschulen und Firmenzentralen zeigen. Besonderes Highlight waren hierbei die Ausstellungen bei der BAYER AG in Berlin und in Leverkusen. Für letztere wurde ein eigenständige Ausstellung konzipiert. Weitere Firmenausstellungen konnten wir im Fraport und in den Zentralen der Metro AG sowie der ERGO AG durchführen. Auch die ersten beiden vollständigen Acrylausstellungen waren im Rathaus Bielefeld und nachfolgend in der Autostadt Wolfsburg zu sehen. Schmankerl: die Queer Buisness Women Österreich luden uns ein, die WE ARE PART OF CULTURE im September 2019 an die Wissenschaftsuniversität nach Wien zu bringen. Dies wurde somit die erste Ausstellung im Ausland.
Die letzte Vernissage in Erfurt war alles gleichzeitig: glücklich, traurig, aber auch erleichternd. Die Anstrengungen der vergangenen zwei Jahren haben uns oft ans Limit der Belastbarkeit geführt – nicht selten auch weit darüber hinaus. Aber zurückblickend sind wir alle glücklich, stolz und ob der großen Unterstützung von so vielen Seiten auch sehr gerührt, was mit der WE ARE PART OF CULTURE geschaffen wurde.